Das Grubengas !


Mitten in der Morgenschicht fing das Hangende in Flöz Sonnenschein an sich langsam zu senken! Die Hauer, die Stempel zuschnitten um das Hangende abzustützen, konnten nicht so schnell sägen, wie der Berg sich senkte. Die Holzzufuhr zum Ausbau wurde verstärk, so dass das Holz schneller ankam als es verbraucht werden konnte. Der Obersteiger erschien um allen Mut einzuflössen und mit seiner Tapferkeit zu beweisen, dass noch nichts verloren war. Durch das so schnell anfallende Grubenholz wurde der Querschnitt im Querschlag kleiner, so dass das Wetter nicht so gut funktionierte wie sonst. Karl, einer unserer Holztransporteure und mein Kumpel, hatte eine ausgesprochen Vorliebe für Polnische Würstchen, möglichst mit viel Zwiebeln und natürlich ein Bier oder auch mehr.

Die durch diese Diät entstehenden Abgase gab er dann während der Schicht zum Besten und amüsierte sich königlich wenn wir einer Ohnmacht nahe aus seiner Nähe entflohen. Nun gerade während dieser Krise im Streb hielt Karl es für nötig, seinem Inneren etwas Luft zu machen und uns den Atem zu nehmen, auf gut deutsch er lies einen fürchterlichen Furz los. Wenige Augenblicke später kam unser Schichtsteiger und bekam so die Reste des hinterlistigen Geruches in die Nase! Etwas verdutzt schnallte er seine Sicherheitslampe ab und leuchtete das Hangende und auch das Liegende nach Grubengas ab, obwohl er wusste, dass dieses Gas ja geruchlos sein soll, aber man kann nie wissen. Das unsichere Licht und seine Aufmerksamkeit ließen ihn unser unterdrücktes Grinsen nicht sehen. Der Berg beruhigte sich, unsere Welt stürzte nicht ein und unsere Drohung Karl lebend in den Wendel zu schmeißen bewirkte schließlich, dass er uns mit seinen schrecklicheren Abgasen verschonte.
Karl, der jetzt noch in Castrop-Rauxel wohnt, sollte diese Geschichte nicht lesen da er mir sonst wohl eine Riechprobe zuschicken würde. Wir haben es überlebt und die Welt in der dieses geschah ist verschüttet, doch irgendwo in einer kleinen Ecke geistert bestimmt noch ein bisschen Grubengas herum.

Hans H. Müller, früher Zeche Victor-Ickern in Castrop,
heute wohnhaft in Kanada